Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 405
Randersacker (Landkreis Würzburg, Unterfranken)

Pfarrkirche St. Stephanus in Randersacker

Die katholische Pfarrkirche St. Stephanus steht im Zentrum des Ortes frei innerhalb eines von Tanzplan und Badergasse eingefaßten und fast vollständig umbauten Kirchplatzes, dessen einst geschlossene Ummauerung noch teilweise vorhanden ist. Es war ursprünglich eine spätromanische Hallenkirche, die nach einer im 16. Jh. erfolgten Erhöhung des Chores schließlich unter Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn um 1605 zur dreischiffigen Basilika im charakteristischen Echterstil erweitert wurde. Eigentlich wollte der Fürstbischof das Langhaus schon 1604 gänzlich neu bauen lassen, doch die Gemeinde widersetzte sich und forderte den Umbau des bestehenden Langhauses, dem der Fürstbischof ein Jahr später stattgab. 1609 konnte die Kirche erneut geweiht werden. Das Kirchenschiff besitzt drei Joche im Langhaus. Der eingezogene Chor wird polygonal abgeschlossen. Der 1200-1250 errichtete spätromanische Turm aus Muschelkalkquadern der Region steht an der Südostecke. Der mit Lisenen und Rundbogenfriesen gegliederte und mit Fenstern mit nach oben zunehmender Größe versehene Turm besitzt vier Geschosse, von denen die beiden unteren fast doppelt so hoch sind wie die oberen. Die Fenster und Portale der Seitenschiffe wurden 1795 umgestaltet. Somit weist das Äußere der Pfarrkirche Elemente der Spätromanik, der Echterzeit und des späten Barocks auf.

 

An der Außenwand des südlichen Seitenschiffs ist eine auf das Jahr 1614 datierte Bauinschrift angebracht; sie ist zwischen den beiden westlichsten Fenstern zu finden. Der Text lautet: "Bischoff Julius aus Vatters trew (= Treue)/ zi(e)rt di(e)se Kirch(e) und baut sie new. / Erg(a)entzt die Alt(e) Religion / Darzu hulff ihm sein underthan / wünscht also nun mehr di(e)sen seegen / Das(s) vleissig volg ohn sträfflich leben / Bleibe bei dieser gantzen herdt / Mit rechtem eiffer ohnversehrdt. 1614". Die rechteckige Inschriftenkartusche wird von einem Schmuckrahmen mit Rollwerk und vier Engelsköpfen eingefaßt, wobei diejenigen an den oberen Ecken jeweils ein ganz nach innen geschlagenes Flügelpaar besitzen. Ein weiterer geflügelter Engelskopf ist oberhalb der Wappenkartusche zu sehen, der vierte ganz unten; beide mit beidseitig ausgebreiteten Flügeln. Diese Bauinschrift-Tafeln sind typisch für die Bauherrschaft dieses Fürstbischofs und lassen sich an vielen anderen von ihm errichteten Kirchen finden. Hervorhebenswert ist die Selbstdarstellung als fürsorglicher Landesvater, der reihum seine Untertanen mit baulichen Verschönerungen beglückt und gleichzeitig den Erfolg seiner gegenreformatorischen Bemühungen feiert, nach dem Motto: Liebe Untertanen, ihr bekommt eine wunderschöne Kirche etc., aber dafür bleiben wir doch bitte bei der alten Konfession und reden nicht mehr von Reformation. Diese Tafel dürfte den Abschluß der Umbauarbeiten anzeigen.

Die Wappenkartusche zeigt das in Unterfranken allgegenwärtige Wappen des Würzburger Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn (regierte 1573-1617). Der Wappenschild ist geviert: Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: in Blau ein silberner Schrägbalken, belegt mit drei blauen Ringen, Stammwappen der Echter von Mespelbrunn, Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau (nicht schwarz wie hier!) eine rot-silbern gevierte (nicht golden-rot wie hier!), an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg. Beim Anstreichen des Feldes 4 ist dem Maler eine Verwechslung mit dem Würzburger Stadtwappen unterlaufen.

Die Westseite hat ihr Aussehen der Echterzeit bewahrt, und einzig hier ist noch das Maßwerk der Fenster erhalten (in den anderen Fenstern ist es ausgebrochen). Eine wesentlich opulentere Darstellung des Echter-Wappens ist über dem von zwei ionisierenden, kannelierten Säulen flankierten Westportal aus rotem Sandstein zu sehen. Die Säulen stehen auf hohen Sockeln mit Diamantquadern auf den rechteckigen Flächen. Am Portal ist das Vollwappen eingepaßt in einen kreisrunden Laubkranz, der unten dem Schlußstein des Bogens aufsitzt. Das wuchtige Gebälk des Portals mit kräftigem Eierstab weicht halbkreisförmig nach oben aus und vollendet die Harmonie aus kreisförmigen bzw. halbkreisförmigen Elementen. Die Bogenzwickel sind mit Renaissance-Beschlagwerk verziert, in dem zwei geflügelte Engelsköpfe integriert sind. Das Beschlagwerk begleitet über dem Portal das dreibahnige Fenster bis zur halben Höhe.

Inhaltlich folgt der Schild der obigen Beschreibung, inklusive der Verwechslung von Feld 4 mit dem Würzburger Stadtwappen, d. h., auch hier sind die Farben dieses Feldes falsch. Zum Wappen gehören drei Helme: Helm 1 (Mitte): ein Paar blauer Büffelhörner, jeweils belegt mit einem silbernen Schrägbalken, der wiederum mit drei blauen Ringen belegt ist, Helmdecken blau-silbern, Stammwappen der Echter von Mespelbrunn, Helm 2 (rechts): ein Paar Büffelhörner, jeweils im Spitzenschnitt rot-silbern geteilt, Helmdecken rot-silbern, Herzogtum zu Franken, Helm 3 (links): auf einem hermelingestulpten Fürstenhut drei Straußenfedern in den Farben Silber, Rot und Blau (Reihenfolge kann variieren) zwischen zwei rot-silbern gevierten (nicht golden-rot wie hier!) Standarten mit goldenem Schaft, Helmdecken rot-silbern, Hochstift Würzburg. Hinter dem Schild schauen schrägrechts der Griff des gestürzten Schwertes und schräglinks der Krummstab heraus, die fürstbischöflichen Insignien für die weltliche und die geistliche Herrschaft im Hochstift.

Ein weiteres Wappen des Fürstbischofs befindet sich im Innern der Kirche (ohne Abb.) auf einem Schlußstein des Chores. Den Fränkischen Rechen alleine als Zeichen des Domkapitels sieht man auf dem Schlußstein des von Norden aus Richtung des katholischen Pfarramtes zum Kirchhof führenden Portals (Abb. unten); die schlichte, von grün angestrichenen Ornamenten eingerahmte Ovalkartusche ist von Rot und Silber mit drei Spitzen geteilt.

Dieser Fränkische Rechen alleine ist noch mehrfach im Ort zu sehen, z. B. auf diesem barocken Türsturz außerhalb des Kirchhofs (Abb. unten). Weitere Darstellungen befinden sich am Zehnthof (siehe im zugehörigen Kapitel).

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.7594382,9.9813822,18.99z - https://www.google.de/maps/@49.7593812,9.9816212,81m/data=!3m1!1e3
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Band Bistümer
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger Fürstbischöfe. Herausgegeben vom Bezirk Unterfranken, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. und Würzburger Diözesangeschichtsverein. Würzburg, 1974, 192 S.
Alfred Wendehorst, das Bistum Würzburg: Teil 3, die Bischofsreihe von 1455 -1617. Reihe Germania sacra. 1978. ISBN 3-11-007475-3, online:
http://rep.adw-goe.de/handle/11858/00-001S-0000-0003-16E3-3 bzw. als pdf: http://rep.adw-goe.de/bitstream/handle/11858/00-001S-0000-0003-16E...617.pdf?sequence=1
Julius Echter von Mespelbrunn:
http://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Echter_von_Mespelbrunn
Franz Xaver von Wegele, Julius (Bischof von Würzburg), in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 14, Duncker & Humblot, Leipzig 1881, S. 671-684. Online:
http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Julius_%28Bischof_von_W%C3%BCrzburg%29
Götz Freiherr von Pölnitz, Julius Echter von Mespelbrunn, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 10, Duncker & Humblot, Berlin 1974, ISBN 3-428-00191-5, S. 655 f. Online:
http://www.deutsche-biographie.de/xsfz37980.html
Barbara Schock-Werner, Die Bauten im Fürstbistum Würzburg unter Julius Echter von Mespelbrunn, 536 S., Schnell & Steiner Verlag 2005, ISBN-10: 379541623X, ISBN-13: 978-3795416232, S. 256-257.
Randersacker:
https://de.wikipedia.org/wiki/Randersacker#Pfarrkirche_Sankt_Stephanus
Pfarrkirche:
https://de.wikipedia.org/wiki/Randersacker#Pfarrkirche_Sankt_Stephanus

Die Wappen der Fürstbischöfe von Würzburg - Teil (1) - Teil (2) - Teil (3) - Teil (4)

Ortsregister Photos von Wappen - Namensregister
Zurück zur Übersicht Heraldik

Home

© Copyright bzw. Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2018
Impressum