Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 982
Bamberg (Oberfranken)

An der Universität 7 (Kollegiumschulbau)

Der Kollegiumschulbau, An der Universität 7, ist ein rechteckiger, massiver Quaderbau mit Walmdach von zwei Geschossen Höhe und steht frei nördlich des ehemaligen Akademiegebäudes, heute Universität. Der Bau entstand 1611-1613, vermutlich nach Plänen von Jakob Wolff dem Älteren. Die Dachpartie wurde 1819/1820 vereinfacht. Früher gab es zwei seitliche, reich mit Pyramiden und Bandwerk geschmückte Steingiebel, ganz oben jeweils mit dem Aschhausen-Wappen, die wurden beide abgetragen, um die Dachhöhe überall gleich zu haben, nachdem das Geschoß gleichzeitig erhöht wurde. Weiterhin verlor das Dach das Kuppeltürmchen mit der Schulglocke. Im Inneren wurde das Gebäude vielfach zweckbestimmt umgebaut, so daß nichts mehr an die ursprüngliche Gestaltung erinnert.

Das Gebäude hat eine lange Geschichte als Bildungsanstalt. Bereits Fürstbischof Ernst von Mengersdorf hatte, den Forderungen des Tridentinum entsprechend, 1586 das Collegium Ernestinum in den Räumen des alten Karmelitenklosters gegründet, um den katholischen Geistlichen eine bessere Ausbildung zu ermöglichen. Dann wurde dieses neue Gebäude errichtet, außerdem hatte Fürstbischof Johann Gottfried von Aschhausen im Jahre 1611 das Gymnasium und die Räumlichkeiten im Karmelitenkloster dem Jesuitenorden übertragen. Deshalb sieht man auch im gesprengten Dreiecksgiebel über dem Portal die Strahlenscheibe mit der Inschrift IHS, das Emblem des Jesuitenordens. Diese neue Aula wurde die Keimzelle der späteren Universität. Die Jesuiten leiteten das Kolleg von 1610  bis 1773, als der Orden aufgelöst wurde. Zeitweise diente die Aula dem Theater als Aufführungsort, 1797 fand eine erste interne Aufführung statt, am 1.1.1800 wurde hier das erste öffentliche Schauspiel aufgeführt. Sporadisch wurde die Aula bis 1802 weiterhin für Aufführungen genutzt. Nutzungen als Ballsaal und als Feuerwehrgerätehaus folgten. Bis 1973 wurde das Gebäude als Turnhalle des Kaiser-Heinrich-Gymnasiums (früher: Altes Gymnasium) genutzt, bis zu dessen Umzug in die Altenburger Straße 16. Die deckentragende Säule mitten in der Turnhalle war dabei eine Herausforderung und ein stetes Hindernis. Heute wird das Gebäude von der Bamberger Universität als "U7" genutzt; hier befinden sich ein Hörsaal und das Bibliotheksmagazin.

Die eigentliche Kostbarkeit ist das manieristische Prachtportal in der Mitte der siebenachsigen Ostseite des Gebäudes. Die Steinmetzarbeiten an der Aula wurden von Hanns Beckhart (er bekam am 3.11.1612 für zwei fürstbischöfliche Wappen 14 fl. bezahlt) und Nikolaus Lenckhardt (Portal 1613) ausgeführt. Die Konstruktion ist einzigartig, weil auf jeder Seite des Portals je zwei ionische Pilaster eine dorische Säule dazwischen flankieren, eine wunderliche Anordnung, zumal sie alle zusammen ein gemeinsames Gebälk tragen, das im Bereich der Säulen vorspringt und an dieser Stelle jeweils mit einem Obelisken akzentuiert wird.

Die von zwei Engeln flankierte Inschriftenkartusche unterhalb der Wappenzone trägt den Wortlaut: "D.O.M.S. / IOANN: GODEFRIDVS EPISC: BAMBERGEN: / S. R. IMP. PRINCEPS / AERE QVOD EIVS OLIM DECESSOR P. M. NYTHARTVS / PIETATE MORIENS DESTINARAT / PIETATI BONISQ. LITTERIS / GYMNASIVM SOCIETATI IESV P. / A. DO. MDCXIII" - ergänzt zu: D(EO) O(PTOMO) M(AXIMO) S(ACRVM) IOANN(ES) GODEFRIDVS EPISC(OPVS) BAMBERGEN(SIS) S(ACRI) R(OMANI) IMP(ERII) PRINCEPS AERE QVOD EIVS OLIM DECESSOR P(IAE) M(EMORIAE) NYTHARTVS PIETATE MORIENS DESTINARAT PIETATI BONISQ(VE) LITTERIS GYMNASIVM SOCIETATI IESV P(OSVIT) A(NNO) DO(MINI) MDCXIII. Übersetzt: Geweiht dem besten und größten Gott, hat Johann Gottfried (von Aschhausen), Bischof von Bamberg, des Heiligen Römischen Reiches Fürst, mit dem Geld, das ihm einst sein Vorgänger Neidhardt (von Thüngen) zu seinem frommen Gedenken zu dieser Zweckbestimmung sterbend in Frömmigkeit hinterlassen hat, dem Jesuitenorden das Gymnasium für die Frömmigkeit und die schönen Wissenschaften hingestellt im Jahre des Herrn 1613. Damit haben wir zwei Stifter, einen Geldgeber und einen Ausführenden, und deshalb sind auch die Wappen beider Fürstbischöfe repräsentiert, wobei der eigentliche Geldgeber den Ehrenplatz heraldisch rechts bekommt.

Beide Schildkartuschen tragen auf ihrem oberen Rand einen geflügelten Engelskopf. Die fürstbischöflichen Insignien werden gemeinsam genutzt: Oben in der Mitte ist die Kaiserkrone des Reichs zu sehen, schrägrechts ragt hinter der Kartusche des Neidhardt von Thüngen das Prozessionskreuz hervor, und schräglinks ist hinter der Kartusche des Johann Gottfried von Aschhausen der Krummstab zu sehen. Das unterstreicht die Gemeinsamkeit dieser Stiftung, bei der der Stifter nicht ohne die Tatkraft des Nachfolgers, der Nachfolger nicht ohne das Geld des Vorgängers das Gymnasium hätte verwirklichen können. Zu beiden Seiten der Komposition stehen auf den Voluten zwei künstlerisch hervorragend gearbeitete Engel mit großartigem Faltenwurf und großer Pose mit erhobenen inneren Armen. Doch - hoppla: Die beiden genannten Fürstbischöfe folgten zeitlich gar nicht aufeinander, denn dazwischen gab es noch Johann Philipp von Gebsattel (1599-1609), doch der scheint in dieser Angelegenheit einfach gar nichts unternommen zu haben. Auch wenn er daher keine Rolle für das Gebäude spielt, wäre es trotzdem korrekter, hier bei den beiden beteiligten Fürstbischöfen von Vorvorgänger und Nachnachfolger zu sprechen.

Das Wappen des Bamberger Fürstbischofs Neidhardt von Thüngen (regierte 1591-1598) ist geviert, Feld 1 und 4: in Gold ein rotbewehrter und rotgezungter, schwarzer Löwe, überdeckt von einer silbernen Schrägleiste, Hochstift Bamberg, Feld 2 und 3: in Silber ein 5x im Wellenschnitt golden-rot gespaltener Balken, von Thüngen. Hier wird das Wappen ohne Kleinode geführt; wer es mit vollständigem Oberwappen sehen will, findet es in Würzburg an seinem Epitaph im Kiliansdom, nördliches Querhaus, Ostwand.

Das Wappen des Bamberger Fürstbischofs Johann Gottfried I. von Aschhausen (regierte 1609-1622) ist geviert, Feld 1 und 4: in Gold ein rotbewehrter und rotgezungter, schwarzer Löwe, überdeckt von einer silbernen Schrägleiste, Hochstift Bamberg, Feld 2 und 3: in Rot ein silbernes fünfspeichiges Rad, das eigentliche Stammwappen der von Aschhausen. In dieser Form ist das Wappen nur im Zeitraum 1609-1617 gültig, ehe er zusätzlich Fürstbischof von Würzburg wurde. Vergleichswappen aus dieser Zeit existieren in Lauda am Portal der Marienkirche, in Pretzfeld am Pfarrhaus, in Scheßlitz im Gewölbeabschluß der Gügelkirche, am ehem. Kloster Schlüsselau und am Schloß Wernsdorf über dem Eingangsportal.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.8940943,10.8873581,19z - https://www.google.de/maps/@49.8941281,10.8873301,70m/data=!3m1!1e3
bei Bamberga:
http://www.bamberga.de/altes_gymnasium.htm
T. Breuer, R. Gutbier: Die Kunstdenkmäler von Oberfranken, Stadt Bamberg, Innere Inselstadt. 2 Teilbände. Bamberg: Bayer. Verlagsanstalt, 1990, S. 394-401
Liste der Baudenkmäler:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkm%C3%A4ler_in_Bamberg/Innere_Inselstadt#An_der_Universit%C3%A4t
Bamberger Theater:
https://www.bamberger-onlinezeitung.de/2013/03/31/urbane-plaudereien-theater-in-bamberg-2/
Margrit Vollertsen-Diewerge, Wolfgang Srb: Inschriften aus Stein - in Deutsch und Latein:
http://frankenland.franconica.uni-wuerzburg.de/login/data/1994_24.pdf S. 116
Lothar Bauer: Lokalhistorische Texte, Bamberg, München 1984, Lindauers lateinische Quellen, hrsg. von Wendelin E. Seitz, S. 47-49
Joachim Heinrich Jäck: Leben und Werke der Künstler Bambergs, 1. Teil, A-I, Erlangen 1821, S. 15-17
https://books.google.de/books?id=c9VMAAAAcAAJ - https://books.google.de/books?id=WWxdAAAAcAAJ

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