Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2333
Eriskirch (Bodenseekreis)

Das Eriskircher Rathaus

Am ansonsten modernen Rathaus des im Südosten des Bodenseekreises direkt am Seeufer gelegenen Eriskirch (Schussenstraße 18) befindet sich ein historischer Wappenstein, der von einem älteren Gebäude stammt. Jenes war ein Amtshaus der benachbarten Reichsstadt Buchhorn, welches in den Jahren 1618/19 errichtet wurde, denn damals besaß die Stadt Buchhorn auch in Eriskirch die Niedergerichtsbarkeit. Bereits 1472 hatte der Fürstbischof von Konstanz Eriskirch zusammen mit der Herrschaft Baumgarten an die Reichsstadt verkauft, gegen den Willen der Einwohner, der damals nicht viel zählte. Das Amtshaus war mit einer Gastwirtschaft kombiniert, dem Gasthof "Adler". 1941 wurde dieses Amtshaus ein Raub der Flammen. 1949 wurde das Haus modern aufgebaut, wobei die alte, auf 1619 datierte Wappentafel der Stadt Buchhorn an der östlichen Giebelwand des Neubaus wieder eingemauert wurde, wo sie noch heute an die einstige Buchhorner Herrschaft über den Ort erinnert. Im Jahre 1968 kaufte die Gemeinde Eriskirch das Haus und baute es 1970/71 zum Rathaus um, wobei 1975 im Süden ein großer Sitzungssaal angebaut wurde, der 1983 noch ein Obergeschoß aufgesetzt bekam.

Mit dem Namen "Buchhorn" weiß heute kaum ein Besucher etwas anzufangen - dahinter verbirgt sich nichts anderes als die heutige Stadt Friedrichshafen am Nordostufer des Bodensees, deren früherer Name Buchhorn war. Die Wurzeln von Buchhorn reichen bis ins 9. Jh. zurück, als die alemannischen Udalrichinger (auch: Geroldinger) dort die Leutkirche erbauten (älteres Buchhorn). Aus ihrer Grablege entwickelte sich Kloster Hofen, während sich der Siedlungsschwerpunkt verschob (jüngeres Buchhorn). Die kleine Siedlung entwickelte sich zum Warenumschlagplatz auf dem Weg über die Alpen nach Italien. Hier trafen sich eine von Ravensburg ausgehende Handelsstraße nach Süden und eine West-Ost-Route entlang des Bodenseeufers. Wahrscheinlich wurde das jüngere Buchhorn unter dem Stauferkönig Friedrich II. ca. 1213-1216 gegründet, denn 1215 wird Buchhorn unter seinem Namen zum ersten Mal in einer Mitteilung der Begebenheiten des Klosters Weißenau urkundlich erwähnt, und 1274 wird Buchhorn als Stadt genannt ("minister civitatis in Buchorn"). Die kleine, trapezförmige städtische Anlage der Stauferzeit, das jüngere Buchhorn, umgab sich mit einer Stadtmauer. König Rudolf erhob 1275 Buchhorn zusammen mit Überlingen und Freiburg im Breisgau in den Rang einer Reichsstadt. Auch der Salzhandel spielte eine Rolle und trug zum Wohlstand der Stadt bei. Mehrfach wurde Buchhorn zerstört, so z. B. 1291, als die Städte St. Gallen und Konstanz die Stadt eroberten, in der Landgraf Hugo von Werdenberg, der die Stadt als Pfand besaß, Truppen liegen hatte, 1525 im Bauernkrieg und im Dreißigjährigen Krieg und schließlich noch einmal 1796 während der Koalitionskriege der expandierenden französischen Republik.

Buchhorn war unter diesem Namen über 400 Jahre lang, vom 13. Jh. bis zum 8.12.1802, Reichsstadt, bis infolge des Friedensvertrages von Lunéville (1801) diese Stellung jäh beendet wurde, indem die Reichsfreiheit beendet und die Stadt dem Kurfürstentum Bayern übergeben und im Zuge der Mediatisierung unterstellt wurde. Die Bayern besetzten zwar Buchhorn mit 33 Soldaten unter Kommissar Ferdinand Freiherr von Schleich, hatten aber wenig Interesse an der abseits gelegenen Stadt, deshalb tauschte man 1810 durch den Pariser Vertrag mit dem Königreich Württemberg einige Territorien. Württemberg wollte aus der frisch erworbenen Stadt Buchhorn einen württembergischen Bodenseehafen machen, und deshalb verfügte König Friedrich I. von Württemberg am 17.7.1811 die Fusionierung der Stadt Buchhorn mit der Gemeinde und dem Kloster Hofen unter dem auf ihn selbst bezogenen Namen Friedrichshafen, nachdem er die Stadt einen Tag zuvor besichtigt hatte. Das Buchhorner Stadtrecht ging auf die erweiterte Stadt über. Es war übrigens nicht die erste Umbenennung, denn nachdem die schwedischen Truppen 1634 die Stadt eingenommen hatten, benannten sie sie kurzzeitig in Gustavsburg um, was aber nicht lange Bestand hatte. Die Fusion und Umbenennung wurde im Königlich-Württembergischen Staats- und Regierungsblatt Nr. 25 vom 27. Juli 1811 veröffentlicht.

 

Friedrichshafen übernahm nicht nur das Stadtrecht, sondern auch das Stadtwappen des alten Buchhorn. Es ist heute gespalten, rechts in Gold eine bewurzelte grüne Buche, links in Rot ein silbernes Hifthorn mit goldenem Band und ebensolchen Beschlägen. Diese Symbole sind bereits früh belegt, schon 1274 taucht eine 15-blättrige Buche mit einem quer über den Stamm gehängten Horn auf in einem Siegel der Stadt an einem Dokument, welches das Besitzrecht eines Gartens zwischen einem Bürger namens Nikolaus und dem Abt von Salem regelt und vom damaligen Stadtammann Hermann und dessen Vorgänger Eberhard unterzeichnet wurde. Form und Farbe der heraldischen Inhalte variierten im Laufe der Zeit: Bis ins 19. Jh. war das Horn noch schwarz, heute ist es silbern. Für den Namen der Freien Reichsstadt waren Buche und Horn ein wunderbar redendes Wappen; durch die selbstverherrlichende Umbenennung seitens des württembergischen Königs ging jeglicher inhaltlicher Bezug zum Namen verloren. Anfangs war noch der Adler des Reiches Teil des städtischen Symbols, doch ab dem 15. Jh. wurde er im Wappen weggelassen, aber später immer noch mit dem Stadtwappen kombiniert, wie dieses Relief oder auch eine im Stadtarchiv Friedrichshafen aufbewahrte, auf 1562 datierte, gläserne Wappenscheibe der Reichsstadt Buchhorn mit einer Kombination des Stadtwappens mit dem Reichswappen zeigen.

Dieser Wappenstein zeigt das Buchhorner Stadtwappen gleich zweimal, jeweils spiegelverkehrt. Die Buche mit grüner Laubkrone und braunem (naturfarbenem) Stamm steht ausgerissen (bewurzelt) in der goldenen Spalthälfte; das Horn ist schwarz mit goldenen Beschlägen und ohne Fessel aufrecht und S-förmig gebogen in der roten Spalthälfte. Über diesem doppelten Stadtwappen ist ein kaiserliches Wappen zu sehen, in Gold ein schwarzer, golden nimbierter und rot bewehrter Doppeladler, auf der Brust belegt mit einem roten Schildchen mit silbernem Balken (Erzherzogtum Österreich). Über dem Schild befindet sich die Kaiserkrone. Um den Schild ist die Ordenskette des habsburgischen Hausordens, des Ordens vom Goldenen Vlies gelegt mit Gliedern aus Feuerstählen und funkensprühenden Feuersteinen und abhängendem goldenen Widderfell. Zwischen den Köpfen des Doppeladlers ist ein Steinmetzzeichen angebracht.

Eriskirch wurde mit der Schaffung von Friedrichshafen die Zugehörigkeit zu Buchhorn los und wurde dem Oberamt Tettnang unterstellt, aus dem 1938 der Landkreis Tettnang wurde. 1973 kam Eriskirch mit der Verwaltungsreform zum neugeschaffenen Bodenseekreis. Das 1952 von der Abwicklungsstelle des Innenministeriums Württemberg-Hohenzollern verliehene Kommunalwappen von Eriskirch ist gespalten, rechts in Blau eine goldene Lilie, links in Gold eine silberne Kirche mit blauem Dach und mit einem spitzen Turm rechts. Die Kirche ist ein redendes Symbol für den Gemeindenamen; die Lilie verweist auf das häufige Vorkommen von Schwertlilien auf der Markung, zu der auch das Naturschutzgebiet Eriskircher Ried gehört.

Literatur, Links und Quellen:
Hinweistafel am Objekt
Buchhorn und seine Geschichte:
https://de.wikipedia.org/wiki/Buchhorn
Friedrichshafen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrichshafen
Gemeinde Eriskirch:
http://www.eriskirch.de/index.php?id=4
Rathaus Eriskirch:
http://www.eriskirch.de/index.php?id=16
erhaltene Dokumente mit Buchhorner Wappen:
http://www.schwaben-kultur.de/starweb/ska/hirtenmusik/servlet.starweb?path=ska/hirtenmusik/en/details.web&suche4=2949
Stadtgeschichte von Buchhorn/Friedrichshafen:
https://www.friedrichshafen.de/unsere-stadt/historisches/stadtgeschichte/buchhorn/
Eriskirch im Ortslexikon BW:
http://www.leo-bw.de/web/guest/detail-gis/-/Detail/details/ORT/labw_ortslexikon/17805/Eriskirch

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