Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2431
Bad Ems (Rhein-Lahn-Kreis)

Die alte katholische Kirche, heute Kapelle Maria Königin

Die beiden Ufer diesseits und jenseits der Lahn gehörten unterschiedlichen Landesherren. Die nördliche Seite, wo der Hauptteil der heutigen Stadt Bad Ems und das Kurviertel liegen, stand unter der Herrschaft der Grafen von Nassau und der Grafen von Katzenelnbogen. Als letztere ausstarben, kam ihr Erbe an Nassau und Hessen. Zu seiner Glanzzeit als Badeort im Barock stand Bad Ems unter der gemeinschaftlichen Herrschaft von Nassau-Oranien und Hessen-Darmstadt. Seit 1806 gehörte Bad Ems zum Herzogtum Nassau, das 1866 von Preußen annektiert wurde. Ganz anders das Südufer, das zur Gemarkung Oberlahnstein gehörte und damit den Mainzer Kurfürsten gehörte. Oder anders ausgedrückt: Das Nordufer mit Stadt und Bad war evangelisch, das gering bebaute Südufer katholisch und in fürstbischöflicher Hand.

 

Auf diesem Südufer, im heutigen Emser Stadtteil Spieß, wurde 1661 eine katholische Kirche errichtet (Wintersbergstraße 6). Hinter dem Bau stand Landgraf Ernst (1623-12.5.1693), ab 1649 Landgraf von Hessen-Rheinfels, ab 1658 Landgraf von Hessen-Rheinfels-Rotenburg, der am 6.1.1652 in Köln zum Katholizismus konvertiert ist und diese Kirche auf fremdem, katholischem Territorium erbauen ließ, wo die Landgrafen nicht Landesherren waren. Auch mit den Landgrafen auf dem evangelischen Nordufer hatte er nicht viel zu tun, denn seine Linie hatte sich von Hessen-Kassel abgespalten, und auf dem Nordufer saß Hessen-Darmstadt. Mit Genehmigung des für das Südufer zuständigen Landesherrn ließ er diese Kirche für die katholischen Badegäste auf katholischem Territorium errichten. Eine Gedenktafel im Innern erinnert an die Stiftung des Jahres 1661 mit folgender Inschrift: "AD MAIOREM DEI GLORIAM IN HONOREM SANCTI GOARIS, CONFESSORIS, ET HARVM REGIONVM QVINTO CHRISTI SECVLO APOSTOLI, INQVE VSVM CATHOLICORVM THERMAS EMSENSES FREQVENTANTIVM, SACELLVM HOC CVM LICENTIA EMINENTISSIMI ARCHIEPISCOPI ET ELECTORIS MOGVNTINI, EXSTRVI FECIT ERNESTVS DEI GRATIA HASSIAE LANDGRAVIVS, PRINCEPS HIRSCHFELDIAE, COMES IN CATZNELNBOGEN, DIEZ, ZIEGENHAIN, NIDDA ET SCHAVMBVRG A(NN)O MDCLXI". Über der Inschrift ist das Vollwappen der Linie Hessen-Rheinfels mit fünf Helmen dargestellt. Weil Landgraf Ernst von Hessen-Rheinfels mit Sitz auf der von ihm zur Residenz ausgebauten Burg Rheinfels über St. Goar der Stifter war, war die Kirche auch zunächst St. Goar geweiht, wie auch in der Inschrift angegeben. Weil er keinerlei landesherrliche Befugnisse über Bad Ems hatte, konnte er auch nicht auf dem Nordufer bauen. So kam es dazu, daß er mit fürstbischöflicher Erlaubnis eine Kirche bezahlte, die nicht auf seinem Territorium stand, die aber ihm und seinen katholischen Untertanen bei Badeaufenthalten in Ems zur Verfügung stand. Landgraf Ernst, Sohn von Landgraf Moritz von Hessen-Kassel (1572-1632), verheiratet mit Juliane von Nassau-Dillenburg (1587-1643), wurde zum Stammvater der Rotenburger Quart, einer Gruppe katholischer Seitenlinien der Landgrafen.

Diese erste Kirche wurde 1711 und 1724 unter dem Kurfürsten Lothar Franz von Schönborn barock erweitert und als Pfarrkirche, heute Kapelle Maria Königin, für die umliegenden Bauernhöfe genutzt, deren Bewohner als kurmainzische Untertanen katholisch waren. Es ist ein schlichter Saalbau aus unverputztem Bruchsteinmauerwerk mit drei Fensterachsen, außen bis auf das Portal aus Sandstein völlig schmucklos und ohne jede architektonische Gliederung. Der Chor ist etwas eingezogen und endet polygonal; ein kleiner Dachreiter macht das Gebäude als Kirche komplett. Auch das Innere (Schlüssel im kath. Pfarramt, Gartenstr. 4) ist schmucklos und enthält nur einen einfachen Barockaltar aus der Zeit um 1700. Sehenswert ist die Orgel mit neun Registern aus dem Jahr 1831, die letzte von Christian Ernst Schöler (-1832) hergestellte Orgel. Für die Orgeln der Bad Emser Orgelbauerdynastie Schöler ist ein Prospekt mit zwei hohen Außentürmen und abgesenktem Mittelteil typisch. Heraldisch lohnend ist innen allein die oben beschriebene Stiftertafel; ein weiteres, anderes Wappen befindet sich oben am Altar.

Über dem Eingang befindet sich im mit Rundbogengiebel und drei reichverzierten Vasen geschmückten Aufsatz das Wappen des Mainzer Kurfürsten Lothar Franz von Schönborn in einer Form, wie er es von 1695 bis 1729 führte. Lothar Franz von Schönborn, seit 1701 Reichsgraf, war in zwei Territorien Fürstbischof, in Bamberg ab 1693 und in Kurmainz ab 1695. Der Hauptschild ist geteilt und zweimal gespalten, Feld 1 und 6: in Gold ein schwarzer Löwe, darüber eine silberne Schrägrechtsleiste, Hochstift Bamberg, Feld 2 und 5: in Rot ein silbernes sechsspeichiges Rad, Erzstift Mainz, Feld 3: in Rot drei (2:1) silberne Schildchen, reichsständische Herrschaft Reichelsberg, Feld 4: in Blau ein silberner Balken, begleitet von 3 (2:1) silbernen Rauten, Herrschaft Heppenheim.

 

Der Herzschild zeigt das Stammwappen der Grafen von Schönborn, in Rot auf drei silbernen Spitzen ein schreitender, gekrönter goldener Löwe (als Variante findet sich auch eine blaue Krone). Als Oberwappen findet man stets den Kurhut sowie das gestürzte Schwert und den Krummstab hinter dem Schild schräggekreuzt.

Literatur, Links und Quellen:
Paul Georg Custodis: Bad Ems, Rheinische Kunststätten, hrsg. vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, Heft 6/1975, S. 8
Liste der Kulturdenkmäler:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kulturdenkm%C3%A4ler_in_Bad_Ems
Orgel:
http://www.rhein-lahn-kreis.de/html/ref_25/cs_7157.html?PHPSESSID=9n2ol96ce71r4dta2uv3430rh0
Kapelle:
http://www.bad-ems.info/html/ref_27/cs_6636.html
Stifterplakette:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/38/BE_AlteKirche_Epitaph_1.JPG

Die Wappen der Fürstbischöfe von Bamberg - Teil (1) - Teil (2) - Teil (3) - Teil (4)
Die Wappen der Erzbischöfe und Kurfürsten von Mainz - Teil (1) - Teil (2) - Teil (3) - Teil (4)
Die Entwicklung des Wappens der von Schönborn

Ortsregister - Namensregister - Regional-Index
Zurück zur Übersicht Heraldik

Home

© Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2017
Impressum