Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2519
Kochendorf (zu Bad Friedrichshall, Landkreis Heilbronn)

St. André'sches Schlößchen in Kochendorf

Das St. André'sche Schlößchen befindet sich im Nordosten des zu Bad Friedrichshall gehörenden Stadtteiles Kochendorf gegenüber von Schloß Lehen. Kochendorf war rechtlich in drei Anteile und ein Reichslehen aufgeteilt, und jeder Teil des Ortes hatte seinen Herrensitz. Von den drei noch existierenden Schlössern ist das St. André'sche Schlößchen das jüngste; es ersetzte seinerzeit das ältere Unterschloß. Nach dem Tod von Wolf Conrad I. Greck von Kochendorf (-25.8.1598), der alle drei Teile und das Reichslehen in seiner Hand vereinigt hatte, wurde 1599 das väterliche Erbe geteilt. Er hatte drei Söhne und vier Töchter. An Johann Philipp Greck von Kochendorf (-1620) ging das Drittel mit dem Reichslehen und Schloß Lehen. Walther Greck von Kochendorf (1577-1634), erhielt per Los das Drittel von Kochendorf mit dem Unterschloß und dem Greckschen Amtshaus. Wolf Conrad II. Greck von Kochendorf (1561-23.5.1614) bekam das Drittel mit dem alten Haus auf dem Zwingenberg und Ausstattung zum Neubau des Greckenschlosses. Das Walthersche Drittel mit dem Unterschloß wurde 1672 an Johann Daniel Rollin von Saint-André (-1689) verkauft, weil die Familie insbesondere durch die Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges in allen Familienbesitzungen akute Geldnot hatte und das Greckenschloß wiederhergestellt werden mußte. Ererbte Schulden und anhängige Rechtsstreitigkeiten vergrößerten die Geldnot. Erst bot die Familie das Walthersche Drittel dem Ritterkanton Odenwald als Pfand an, um wieder liquide zu werden, der aber noch kein Interesse zeigte. Dann kam der Verkauf an die Saint-André zustande. Den anteiligen Blutbann über Kochendorf bekamen 1702 die Söhne des Käufers gemeinsam.

Friedrich Magnus von Saint-André (1674-1731) und seine Frau, Charlotte Louise von Weiler (1681-1756), erbauten bis 1710 das Schlößchen anstelle des bisher dort bestehenden Unterschlosses. Es wurde ein rechteckiger Walmdachbau mit zwei Wohngeschossen über einem Sockelgeschoß mit zwei großen doppelflügeligen Rundbogeneingängen an den Seiten und einer doppelläufigen Freitreppe in der Mitte. Die Familie besaß das Schloß und das damit verbundene Drittel von Kochendorf nur bis 1761, denn die Söhne des Bauherrn, Wolfgang Christoph von Saint-André (1713-1769) und Christian Reinhard von Saint-André (1715-1779), verkauften alles an den Ritterkanton Odenwald, der ein Jahr später auch die beiden anderen Drittel von Kochendorf von der Erbin der Greck von Kochendorf käuflich erwarb. Die Saint-André behielten für sich nur das so genannte Pfaffenhaus. Die Kochendorfer Linie der Saint-André ist im frühen 19. Jh. mit Christian Karl Eberhard von Saint-André (1787-ca. 1812) erloschen. Ab 1829 war das Schlößchen im Besitz der Familie Bachert (Feuerwehrgeräte, Glockenguß). Danach hatte hier die Gießerei Schneider ihren Sitz. Die Stadt Friedrichshall erwarb das Anwesen im Jahre 1983 und restaurierte 1990-1992 das Gebäude. Heute werden die Räume für verschiedene städtische Ämter genutzt. Innen ist noch das historische Treppenhaus erhalten, weiterhin der Magnus-Friedrich-Saal mit Stuckdecke und mit hochwertigem Parkett.

Zur Genealogie der Familie Saint-André (unter Hervorhebung der hier mit ihrem Wappen vertretenen Personen):

Das repräsentative Barock-Portal führt in der mittleren Achse in das erste Wohngeschoß des sieben Achsen breiten Baus. Die auf Höhe der Säulenkapitelle angebrachte Inschrift lautet: "IM NAHMEN DES HER(R)N ERBAVT DI(E)S(ES) / HAVS FRI(E)DRICH MAGNVS VON St. ANDRE HERR / AVF KOCHENDORF VND CHARLLOT(T)A LO / VISA VON St. ANDRE NEE DE WEYLLER", dahinter folgt noch ein hübsches Steinmetzzeichen.

Das Wappen der Freiherren von Saint-André ist heraldisch rechts über dem Portal in dessen gesprengtem Dreiecksgiebel zu sehen. Es wird im Siebmacher Band: Bad Seite: 13 Tafel: 9-10 und im Band: Wü Seite: 11 Tafel: 13 beschrieben. Außerdem ist das Wappen in Tyroffs Wappenbuch der österreichischen Monarchie abgebildet. Es ist gespalten, rechts in Blau ein aus silbernen Wolken im rechten Obereck hervorkommender Arm, der einen goldenen Stockanker hält, links in Gold einwärts ein roter Löwe. Hier ist der Anker seltsamerweise unten noch mit einem zweiten Ring versehen, der in Wirklichkeit funktionseinschränkend wäre. Auf dem gekrönten Helm wird zu rot-goldenen und blau-silbernen Decken ein mit dem Ellenbogen aufgestützter, silberner, geharnischter Arm geführt, der in der Faust ein Schwert hält. In den genannten Quellen wird überwiegend der Schwertarm des Kleinods wachsend dargestellt, nicht wie hier angewinkelt und mit dem Ellenbogen aufgestützt. In der Literatur steht durchgehend der Löwe im vorderen Feld und der Anker im hinteren Feld, so daß man hier eine Wendung aus Courtoisie erwägen könnte, der aber gerade der weiterhin nach rechts blickende Löwe nicht entspricht. Optional werden als Schildhalter zwei rote Löwen angegeben.

Das heraldisch linke Wappen ist das der Herren von Weiler und zeigt in Silber einen roten Schrägbalken. Auf dem Helm mit rot-silbernen Decken werden zwei gestürzte, silberne und rotgestulpte Hüte geführt, aus denen jeweils drei silberne Stäbe mit je drei goldenen Knöpfen hervorkommen. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Wü Seite: 13 Tafel: 17 und im Münchener Kalender 1918. Bezüglich der Helmzier gibt es auch andere Varianten, so führte Diether von Weiler nach dem Lehensbuch von Kurfürst Friedrich I. von der Pfalz 1475 nur einen Pfauenfederbusch. Der Stammsitz der Familie, deren Mitglieder Ministerialen und Dienstmannen der Grafen von Löwenstein waren und 1442-58 die Reichsvogtei über Wimpfen und Heilbronn innehatten, war das nicht mehr in ihrem Eigentum befindliche Schloß in Weiler. Später traten die Herren von Weiler in die Dienste der Pfalzgrafen und der Württemberger. Die Familie gehörte zur Reichsritterschaft des Ritterkantons Odenwald. Freiherr Wolf von Weiler bekam 1900 vom württembergischen König die Erlaubnis, sich Freiherr von und zu Weiler zu nennen. In Württemberg war die Familie in der Freiherrenklasse eingetragen. Das derzeitige Oberhaupt der Familie ist Burkhard Dietrich Freiherr von und zu Weiler (21.7.1931-). Die Familie lebt heute auf Burg Lichtenberg (Landkreis Ludwigsburg).

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf google maps: https://www.google.de/maps/@49.2257886,9.2179935,18.5z - https://www.google.de/maps/@49.2257595,9.2180369,59m/data=!3m1!1e3
Ortslexikon:
https://www.leo-bw.de/web/guest/detail-gis/-/Detail/details/ORT/labw_ortslexikon/1800/Kochendorf+-+Altgemeinde~Teilort
Freiherren von Saint-André:
https://de.wikipedia.org/wiki/Freiherren_von_Saint-Andr%C3%A9
Saint-André'sches Schlößchen:
https://de.wikipedia.org/wiki/St._Andr%C3%A9sches_Schl%C3%B6sschen
Saint-André'sches Schlößchen:
http://www.bad-friedrichshall.de/content1.asp?area=hauptmenue&site=bfhwirtschafteinrichtungen&cls=01&fid=1326
Saint-André'sches Schlößchen:
https://www.mobile-geschichte.de/objektuebersicht.php?land=Deutschland,603&state=Baden-W%C3%BCrttemberg,586&county=Heilbronn,179&poi=St.%20Andr%C3%A9sches%20Schl%C3%B6sschen,7168
Wolfgang Willig, Landadel-Schlösser in Baden-Württemberg, eine kulturhistorische Spurensuche, 1. Auflage 2010, ISBN 978-3-9813887-0-1, S. 155-156
Wolfgang W. Kress: Burgen und Schlösser am Neckar, 1991, ISBN-10: 3871812595, ISBN-13: 978-3871812590
Frank Buchali: Lexikon der Burgen und Schlösser im Kreis Heilbronn, Beschreibung von über 150 Burgen, Schlössern und Burgställen im Landkreis Heilbronn, 222 S., 5. Auflage 2012, ISBN-10: 3000070567, ISBN-13: 978-3000070563
Karl Hugo Popp, Hans Riexinger: Die Freiherren von Saint-André - Mitdorfherren auf Kochendorf, in: Bad Friedrichshall 1933-1983, hrsg. von der Stadt Bad Friedrichshall, Bad Friedrichshall 1983

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