Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 3088
St. Peter in der Au (Bezirk Amstetten, Niederösterreich)

Wappengrabplatten an und in der kath. Pfarrkirche St. Peter und Paul

Wehrkirche St. Peter und Paul
Die spätgotische Hallenkirche St. Peter und Paul, die sich vermutlich an der Stelle der ursprünglichen Burg befindet, ist eine architektonische Rarität in Österreich, weil sie ein Wehrgeschoß besitzt. Die Dachkonstruktion ruht auf Arkaden, und oben verläuft unter der Traufe ein Wehrgeschoß mit 26 Schützenständen mit Schlüssellochscharten und 40 cm breiten Wurfspalten entlang der Langhausmauern. Über dem älteren, eingezogenen Polygonalchor befinden sich weitere 12 Schützenstände mit Schlüssellochscharten. Solche Bauweisen begegnen uns in Siebenbürgen und auch in Südfrankreich, für Österreich ist das jedoch ein Unikum. Im Kircheninneren gibt es einen Brunnen, um die Wasserversorgung im Verteidigungsfall sicherzustellen, heute von Bänken verdeckt unter der Empore. Ein auf mehreren offenen Bögen geführter Gang verbindet die Kirche mit dem Schloß, und auch dieser Gang ist mit Schießscharten versehen. Schloß und Kirche bildeten ein zusammenhängendes, verteidigungsfähiges System. Auch der Kirchhof ist weitgehend mit Wehr- und Futtermauern umgeben, die früher noch höher waren. Einige wenige Schießscharten haben sich auch dort erhalten. Innen ist im dreischiffigen, vierjochigen Langhaus ein Netzrippengewölbe aus der Zeit um 1490-1500 zu sehen, das stilistisch ein frühes Beispiel für die Gewölbekonstruktionen der von Hanns Puchspaum im Jahre 1443 gegründeten Steyrer Bauhütte ist. Im Mittelschiff gibt es Rippensterne mit Rautenschleifen-Quadraten, in den Seitenschiffen gibt es Scheitelkreuze. Sechs Oktogonalpfeiler tragen das Dach, drei weitere tragen die Westempore. Der zweijochige Chor besitzt ein Kreuzrippengewölbe.

Maria Susanna Eggmüllner von Auegg und Frau zu Gassenegg
Diese rechteckige Grabplatte aus rötlichem Marmor ist in eine quadratische Wappenzone oben und eine rechteckige Inschriftenzone unten aufgeteilt. In den beiden oberen Ecken der Wappenzone sind über je einer Herzdarstellung die erhaben gearbeiteten Monogramme IHS und MARIA zu sehen. Die Inschrift im unteren Teil ist vertieft und lautet: "Alhier Li(e)gt Begraben die Wohl/Edl und Gestrenge Frau Maria / Susanna von Haubtmannstorff / Ein Gebohrne Eggmüllnerin von Auegg und Frau zu Gasszenegg / So Gestorben den 12. April Anno / 1689 Ihres alters 50 Jahr und 9 / monats deren Gott und uns / allen die Ewige Ruehe / Verleichen wolle / Amen".

 

Die Wappen beider Ehepartner sind als Ehewappen zusammengeführt, mit einem gespaltenen Schild, aber individuellen Kleinoden darüber. Heraldisch rechts befindet sich das Wappen der von Hauptmannstorff, ein von drei (2:1) fünfzackigen Sternen begleiteter  Balken, auf dem gekrönten Helm ein Busch von fünf Straußenfedern, Tinkturen mangels Literaturnachweis nicht bekannt, Hinweise willkommen.

Das redende Wappen der Eggmüllner von Auegg ist schwarz mit einer eingebogenen goldenen Spitze, oben rechts ein silbernes Mühlrad, oben links ein silbernes Mühleisen, in der Spitze auf einem silbernen Felsen mit drei Spitzen ein aufspringender naturfarbener Löwe, auf dem gekrönten Helm mit schwarz-goldenen Decken ein wachsender Löwe mit dem silbernen Mühlstein in den Vorderpranken zwischen einem golden-schwarz übereck geteilten Flug. Im Diplom sieht der Löwe eher wie ein gefleckter Leopard aus. Im Rietstap wird der Löwe als Fuchs fehlgedeutet: " D'or, à un renard rampant au naturel, soutenu d'un rocher de trois coupeaux d'argent, le champ chapé-ployé de sable, ch. à dextre d'une meule de moulin d'argent et à senestre d'une anille d'argent. Casque couronné. Cimier: le renard issant, tenant entre ses pattes une meule de moulin d'argent, entre un vol, coupé alternativement d'or et de sable. Lambrequin: d'or et de sable." Dieses Wappen hat die Form, wie sie nach 1603 geführt wurde. Davor führte die Familie einen golden-schwarz geteilten Schild, darin auf drei silbernen Gebirgsspitzen aufspringend ein naturfarbener Löwe, auf dem schwarz-golden bewulsteten Helm mit schwarz-goldenen Decken der Löwe wachsend zwischen einem golden-schwarz übereck geteilten Flug.

Am 30.5.1566 erhielt Philipp Eggmüllner zu Augsburg einen Wappenbrief. Stephan Eggmüllner, kaiserlicher Mautner zu Enns, erhielt am 22.8.1603 zu Prag den Adelsstand, und bei dieser Gelegenheit erhielt er auch eine Wappenbesserung wie oben beschrieben, mit einem gekrönten Bügelhelm anstelle des bewulsteten Stechhelms und mit der anderen Schildteilung und den redenden Elementen zusätzlich (österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 94.22). Der Sohn des genannten Stephan, Isaak Eggmüllner, Verwalter der kaiserlicher Burgvogtei Enns, erhielt am 10.10.1630 das Prädikat "von Gasseneckh", die Rotwachsfreiheit, und das Einstandsrecht in Niederösterreich (österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel HAA AR 208.10).

Philipp Jakob Grünthaller und Frau
Diese rotmarmorne Wappengrabplatte von 2,05 m Höhe und 1,0 m Breite, die früher im Kircheninneren unter den Kirchenbänken lag und 1953 gerettet und an der südlichen Außenwand angebracht wurde, ist im oberen Teil gebrochen und bei der Montage wieder zusammengesetzt worden; der Riß zieht sich schräg durch das optisch linke Oberwappen. Die in einen rechteckigen Schmuckrahmen mit Rollwerkelementen gesetzte Fraktur-Inschrift im unteren Teil lautet: "Hie(r) ruhen der Edel und Gestreng Herr / Philipp Jacob Grüentaller zu Zeil,/lern ze: welcher den 17. Febr: Anno / 15 96 In Gott vercshieden. / Und die Edle Ehrntugentreiche Frau / Margaretha Grüentallerin geborne / Seemannin sein Eheliche Frau Ge,/mahel, so drey Tag Zuvor auch / Christlich eingeschlaffen, und hie(r)her / Zugleich Begraben worden Gott / Sey Ihnen Gnädig und Barm,,/hertzig Amen". Philipp Jakob Grünthaller ist in die Geschichte eingegangen als der Verfasser der ältesten erhaltenen schriftlichen Anleitung zur Herstellung von Most. Seine Schrift trägt den Titel: "erstlich aufgezeichneten Haushaltungsbuechl für junge Eheleute und Hauswuerth...".

Im oberen Teil der Platte werden die beiden Wappen von einem Kreisring eingefaßt. In den vier sich ergebenden Zwickeln sind vier geflügelte Engelsköpfe zu sehen, denen jeweils einen Windhauch wie Schlagsahne aus dem Mund quillt, ein Symbol für den entfleuchenden Lebensodem wie auch für die Vergänglichkeit; die beiden unteren Köpfe stehen auf dem Kopf. Ein fünfter Engelskopf mit zusammengelegten Flügeln ist in der Mitte unten innerhalb des Ringes angebracht, dieser ohne Windhauch und mit griesgrämigem Blick.

 

Das hier vollständig gewendete Wappen Grünthaller zeigt in Silber aus einem je nach Quelle grünen oder goldenen Dreiberg wachsend einen rot-silbern gekleideten Mann mit krausem goldenem Haar, in der Linken ein blutig abgeschnittenes schwarzes Adlerbein mit goldener Klaue links schulternd, auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein wachsender, rot gekleideter Arm, das abgeschnittene schwarze Adlerbein mit goldener Klaue haltend, von dem noch ein paar Blutstropfen herabfallen (Siebmacher Band: WüA Seite: 215 Tafel: 119, Band: NÖ1 Seite: 139 Tafel: 6, Band: OÖ Seite: 76 Tafel: 28, Band: OÖ Seite: 735).

Am 9.10.1603 erhielten Philipp Jakobs Brüder Julius, Wolfgang Niklas, Jakob, Erhard und Johann Joachim Grünthaller sowie Philipp Jakobs Söhne Andreas und Georg Grünthaller zu Prag die Besserung ihres rittermäßigen altadeligen Wappens und Bewilligung, sich unter Weglassung ihres bisherigen Familiennamens Grüentaller fortan "von Grüentall" zu nennen (österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 158.28). Dabei wurde das neue Wappen geviert, Feld 1 und 4: in Gold ein schwarzes Adlerbein mit goldener Bewehrung, Feld 2 und 3: in Silber ein roter, silbern aufgeschlagener Arm, alle Figuren einwärts gerichtet, zwei Helme, Helm 1 (rechts): auf dem gekrönten Helm mit schwarz-goldenen Decken ein mit den goldenen Krallen nach oben gerichtetes schwarzes Adlerbein, Helm 2 (links): auf dem ungekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein rot gekleideter Mannesrumpf mit rotem Hut wachsend. Die bisher bekannten Motive wurden entzerrt und auf mehr Felder und Helme verteilt; neue Ideen fanden nicht Eingang. Der genannte Bruder Wolfgang Niklas von Grünthal, kaiserlicher Reichshofrat, erhielt am 14.9.1621 das Palatinat ad personam und die Erlaubnis, dasselbe auf seinen Sohn Andreas oder einen anderen seiner Söhne, den er hierzu tauglich erachten wird, übertragen zu dürfen (österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 158.29). Der Bruder Johann Joachim von Grünthal zu Kremsegg und Hertenegg, fürstlich württembergischer Rat, erhielt am 13.2.1622 die exemptio ab oneribus und der Nachsteuer, die exemptio fori, die Bewilligung für das Reich und die Erblande, adelige Sitze und Schlösser zu bauen, das privilegium denominandi, den kaiserlichen Schutz und Schirm, die Salva Guardia, das privilegium de non usu und das Palatinat ad personam (österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 158.30). Derselbe wird drei Jahre später als fürstlich württembergischer Obersthofmeister und geheimer Rat genannt (österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 158.31).

Die nur drei Tage vor ihrem Mann verstorbene Margaretha Seemann war die Tochter von Georg Seemann aus Mangern. Für sie war es die zweite Ehe, denn sie hatte zuvor in erster Ehe Johann Kölnpeck geheiratet. Das Wappen der Seemann zu Mangern zeigt in Schwarz zwei silberne Schrägbalken, dazu zwei gekrönte Helme, Helm 1 (rechts): zu schwarz-silbernen Decken ein Paar Büffelhörner in den Farben und Formen des Schildes, Helm 2 (links): zu schwarz-silbernen Decken ein Flug in den Farben und Formen des Schildes. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: OÖ Seite: 359 Tafel: 93, und im Rietstap, dort die Büffelhörner schwarz und silbern, jeweils mit einem Balken in verwechselten Farben ("de sable, à deux bandes d'argent. Deux casques couronnés. Cimiers: 1° deux proboscides, d'argent et de sable, ch. chacune d'une fasce de l'un à l'autre; 2° un vol à l'antique aux armes de l'écu").

Katharina Gienger
Die obere, kleinere Inschrift dieser im Kircheninneren an der Wand aufgerichteten Grabplatte ist religiösen Inhalts: "Ich waiß das(s) mein Erlöser lebt und Ich werde Im letzten tag / von der Erden aufferstehn und werde darnach wi(e)der mit di(e)ser / meiner Haut umbgeben werden und in meinem fleisch Gott / sehen meine Augen werden I(h)n sehen und khein anderer Hio(b) 19". Die untere Inschrift der dritten hier vorgestellten Grabplatte lautet: "Hie(r) li(e)gt begraben die Edle und Ehrntugent/reiche Fraw Katharina w(e)ilent des Edl(e)n Gestrengen / herrn Jörgen Seeman(n)s von Manngern zu St. Pet/ter Rom(isch) Kay(serlichen) Mai(estät) Raths und Verweser ter Maut /Ybbs nachgelassene wittib ein gebor(e)ne Gieng/erin welche den 19. tag Septembris des 1586 / ia(h)rs in Christo seligelich entschlaffen Deren / Gott ein frö(h)liche Aufferstehung verleihen / wolle Amen". Der Ehemann, Georg Seemann, war zunächst Untersilber-Kämmerin bei der Königin Anna, der Ehefrau von Kaiser Ferdinand I. Dann kam er ins Silberkammeramt nach Innsbruck. 1548 kam er nach Augsburg zum königlichen Untersilberamt. 1554 wurde er zum Rat ernannt und ans Mautneramt in Ybbs an der Donau versetzt, wo er bis zu seinem Tod 1564 arbeitete. Seinen Gewinn aus dieser einträglichen Tätigkeit hatte er in der Herrschaft St. Peter in der Au angelegt. Er hatte vor, mit seiner Familie im dortigen Schloß zu wohnen, deshalb betrieb er die Wiederinstandsetzung desselben, aber er starb vor der Fertigstellung. Seine Witwe bekam schließlich von der niederösterreichischen Kammer 400 fl. für den Schloßbau bewilligt. Georg Seemann und Katharina Gienger hatten ein Sohn namens Wilhelm Seemann, der 1586 die gesamte landesfürstliche Herrschaft St. Peter in der Au, die die Mutter noch als Pfandschaft besessen hatte, für 9915 fl. von der niederösterreichischen Kammer kaufte. In der Zeit 1557-1587 erfolgte der Umbau des Herrensitzes neben der Kirche zum Renaissanceschloß, erst durch Georg, dann durch seinen Sohn Wilhelm Seemann von Mangern.

 

Das Wappen der Gienger ist geviert, Feld 1 und 4: silbern-schwarz geteilt mit einem oberhalben Eber in verwechselten Farben, Feld 2 und 3: schwarz-golden schräglinks geteilt mit einem aufrechten Beil mit silberner Klinge und goldenem Stiel, auf dem gekrönten Helm mit rechts schwarz-silbernen und links schwarz-goldenen Decken ein wachsender, schwarz-silbern geteilter Eber zwischen einem Flug, der rechte Flügel schwarz, der andere golden. Die Farben der Decken und Flügel werden alternativ auch umgekehrt angegeben. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: OÖ Seite: 66 Tafel: 27, Band: OÖ Seite: 730 Tafel: 146-147, Band: NÖ1 Seite: 125 Tafel: 62, Band: WüA Seite: 90 Tafel: 52, Band: Mä Seite: 36 Tafel: 27.

Die Familie Gienger stammte eigentlich aus Giengen an der Brenz und nannte sich Löw von Giengen, dann kam sie nach Ulm. Der Name wurde durch Einheirat von einer zweiten Familie namens Müller im 15. Jh. übernommen; diese gehörte in Ulm unter dem Namen Gienger zum Patriziat. Damian Gienger (1475-8.6.1556), Enkel von besagtem  Jakob Müller und Petronilla Gienger, hatte einst den Ritterstand für seine Verdienste im schwäbischen Bauernkrieg durch Kaiser Ferdinand I. erhalten. In der Mitte des 16. Jh. gingen die Nachfahren nach  Österreich. Der Vater der Verstorbenen, Damian Gienger (1475-8.6.1556), Enkel von besagtem Jakob Müller und Petronilla Gienger, hatte einst den Ritterstand für seine Verdienste im schwäbischen Bauernkrieg durch Kaiser Ferdinand I. erhalten. Er heiratete Ursula Schütz von Raittenau (1480-1523) aus Memmingen. In der Mitte des 16. Jh. gingen die Nachfahren nach Österreich. Einer der Brüder der Verstorbenen war Georg Gienger von Rotteneck (1497-14.1.1577), Dr. iur., 10 Jahre lang Kanzler des Hochstift Konstanz, geheimer Hofsekretarius Ferdinands II., Vizekanzler der Regierung in Innsbruck, erzherzoglicher Landvogt in Ober- und Niederschwaben, dann Burgvogt zu Enns und Mauthausen, Herr zu Rotteneck, Ennsegg und Mauthausen und Erbauer des Schlosses Ennsegg. Zwei weitere Brüder der Verstorbenen wurden zu Stammvätern der Linien Gienger von Grienpichel und Gienger zu Wolfseck (1623 im Mannesstamm erloschen).

       

Das Zentralfeld mit dem Vollwappen und den beiden Inschriftenfeldern wird von einem breiten Rand eingefaßt, in den insgesamt 12 Medaillons eingearbeitet sind, von denen 10 eingesetzte Wappenschilde tragen, das oben in der Mitte eine Sanduhr und das unten in der Mitte einen Totenschädel als Vergänglichkeitssymbole. Insgesamt 10 Wappenschilde lassen sich schon mal nicht mit einer regelmäßigen Ahnenprobe in Einklang bringen, die 2, 4, 8 oder 16 Schilde erfordern würde. Außerdem ist die Liste der Vorfahren nur in Teilen anhand der zur Verfügung stehenden Unterlagen nachzuvollziehen. In der Eltern-Generation erwarten wir die Wappen Gienger und Schütz von Raittenau. Das Wappen Gienger ist entsprechend seiner historischen Genese in seine beiden Einzelbestandteile aufgelöst, die auf der Schwertseite an oberster (Schrägteilung mit Beil) und an dritter Position (Querteilung mit Eber) zu finden sind. Das Wappen der Ulmer Patrizier-Familie Schütz von Raittenau ist auf der Spindelseite ganz oben angebracht, in Rot zwei schräg gestellte, unten zusammengesetzte Lanzeneisen (Siebmacher Band: WüA Seite: 63 Tafel: 40). Die hier nicht verwendete Helmzier wäre zu rot-silbernen Decken ein aufrechtes silbernes Lanzeneisen zwischen einem roten Paar Büffelhörner. Anfang des 16. Jh. ist diese Familie erloschen.

Die Großeltern väterlicherseits waren Hans (Johann) Gienger (1430-9.3.1488) und Magdalena Ott (1440-15.8.1500), seine vierte und letzte Ehefrau. Das Wappen der Ott aus Memmingen finden wir auf der Schwertseite an zweiter Position, in Blau ein gestürztes Schwert mit rot-schwarz gespaltenem Griff, durch ein goldenes Joch gesteckt (Siebmacher Band: WüA Seite: 252 Tafel: 143 und Band: BayA2 Seite: 167 Tafel: 103, nach dem Giengerschen Familienbuch und nach Magdalenas Grabstein). Die hier nicht verwendete Helmzier wäre zu blau-goldenen Decken das Schildbild, das Joch aber auf dem Helm aufliegend.

       

Die Urgroßeltern großväterlicherseits waren Jakob Müller (-1457), genannt Gienger, und Petronilla Gienger, die Tochter von Hans (Johann) Gienger, der eine Frau aus der Familie der Krafft von Dellmensingen geheiratet hatte. Die Krafft von Dellmensingen hatten folgendes Wappen: In Rot ein goldener Schrägrechtsbalken, hier ganz unten auf der Schwertseite angebracht und komplett gewendet, die zugehörige Helmzier wäre zu rot-goldenen Decken ein rotes Paar Büffelhörner, jedes Horn mit einem goldenen Balken belegt (Alberti S. 419). Heinrich Kraft zu Ulm bekam 1438 von König Albrecht die Erlaubnis, das Wappen des ohne männliche Nachkommen verstorbenen Onkels mütterlicherseits, Gabend von Emerkingen, zu führen. Die oben erwähnte Magdalena Ott war die Tochter eines Herrn Ott mit einer Frau Löw, und damit kommen wir zum vierten Wappen von oben auf der optisch linken Seite, denn die Ulmer Patrizier Löw führten in Blau einen goldenen Löwen, hier aus Courtoisie einwärts gewendet. Die hier nicht verwendete Helmzier wäre zu blau-goldenen Decken der goldene Löwe wachsend (Alter Siebmacher von 1605). Die Löw von Giengen, von denen auch die oben erwähnte Petronilla Gienger abstammte, erloschen 1619 im Mannesstamm. Damit wäre die optisch linke Seite vollständig anhand der Genealogie erklärt. Die andere Seite mit den Vorfahren Ursula Schütz von Raittenau ist mangels Genealogie noch offen, Hinweise willkommen. Möglicherweise ist das unterste Wappen das der Ulmer Patrizier Neidhardt (Neydhart), die führten in Silber auf einem schwarzen Dreiberg ein schwarzes Kleeblatt (alter Siebmacher von 1605, Tafel 209)

Johann Baptist Pracher
Diese 2,05 m hohe und 1,05 m breite Wappengrabplatte aus hellrötlichem Marmor lag früher im Inneren unter den Kirchenbänken und wurde 1953 an die südliche Außenwand versetzt. Das erklärt den stark abgetretenen Zustand der Platte insbesondere im Mittelbereich des Inschriftenfeldes. Der Aufbau ist klar zweigeteilt mit einer Inschrift in rechteckiger Rollwerkrahmung im oberen Teil und einem ebenso stark abgetretenen Wappenrelief innerhalb eines kreisrunden Lorbeerkranzes im unteren Bereich. Die Inschrift lautet, soweit noch nachvollziehbar: "ALHIE(R) LI(E)GT BEGRABEN WEIL/LANDT DER EDEL VND VESST / HER JOHAN(N) BAPTISTA PRACHER / VON INGOLTSTA(D)T ROM(ISCH) KAY(SERLICHER) MAI(ESTÄT) / GEWESTER .... REGIMENTS / SECRETARII ...D WASSERMAVT/TNER ZV LINZ WELCHER DEN / VIERTEN TAG DECEMBER IM / 1595 IST IA(H)R IN CHRISTO DEN / HERRN ENTSCHLAFFEN IST / DER AL(L)M(A)ECHTIGE GOTT / VERLEICHE I(H)ME AM IVNGS/TEN TAG AIN(E) FRO(EH)LICHE / AVFERSTEHVNG AMEN".

 

Dieser Johann Baptist Pracher, damals niederösterreichischer Regierungssekretär, erhielt zusammen mit seinem Bruder Jakob Pracher und seinem Vetter Michael Pracher, iuris utriusque doctor, am 2.4.1583 zu Wien den Adelsstand mit Wappenbesserung (österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 325.24). Vorher führte sie Familie einen golden-rot gespaltenen Schild mit zwei dreiblättrigen, gestielten Kleeblättern in verwechselten Farben, auf dem Stechhelm mit rot-goldenen Decken ein Flug, der rechte Flügel rot mit einem goldenen Kleeblatt, der linke Flügel umgekehrt. Die Wappenbesserung 1583 bestand aus einem gekrönten Bügelhelm, alles andere blieb gleich.

Derselbe Johann Baptist Pracher, seit dem 7.6.1587 kaiserlicher Rat (österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/FHKA SUS Fam.A. BP-384) und Mauteinnehmer in Linz, bekam, wiederum zusammen mit Bruder Jakob und Vetter Michael, am 23.8.1593 eine erneute Wappenbesserung im Adelsstand und die Rotwachsfreiheit (österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 325.25). Dabei entstand aus dem erstgebesserten Wappen die zweitgebesserte Form, die wir hier auf dem Grabdenkmal sehen: Geviert, Feld 1 und 4: in Blau ein oberhalbes Einhorn, Feld 2 und 3: von Gold und Rot schräggeteilt mit zwei dreiblättrigen, gestielten Kleeblättern, das untere gestürzt, jeweils mit den Stielen die Teilungslinie tangierend, auf dem gekrönten Helm mit rechts blau-silbernen und links rot-goldenen Decken ein wachsendes silbernes Einhorn. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: NÖ1 Seite: 357 Tafel: 196.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@48.0453677,14.6246698,19z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@48.0453677,14.6246698,168m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Wehrkirche St. Peter und Paul in Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Pfarrkirche_St._Peter_in_der_Au
Webseite der Pfarrei: https://pfarre.stpeterau.at/index.php/pfarr-kirche
österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 94.22
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=1712004
österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel HAA AR 208.10
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=4364137
Herwig Hans Hornung: Die Inschriften Niederösterreichs, die Inschriften der politischen Bezirke Amstetten und Scheibbs, Wiener Reihe, 3. Band, 1. Teil, Hrsg.: Österreichische Akademie der Wissenschaften, Graz, Wien, Köln: Hermann Böhlaus Nachf., 1966, S. 97-98
https://digi.hadw-bw.de/view/di010/0113/image,info
Informationstafel an der Kirche
österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 158.28
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=2380769
österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 158.29
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=2380770
österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 158.30
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=2380782
österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 158.31
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=2440821
Franz Klein-Bruckschwaiger: Der Bauernaufstand in St. Peter in der Au, Vorgeschichte und Folgen, in: Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich Ser. NF, Bd. 39 (1971/1973) S. 113-154 -
https://www.zobodat.at/pdf/Jb-Landeskde-Niederoesterreich_39_0113-0154.pdf
Familie Gienger:
https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Gienger_(Adelsgeschlecht)
Stammliste der Gienger:
https://de.wikipedia.org/wiki/Stammliste_der_Gienger
Herwig Hans Hornung: Die Inschriften Niederösterreichs, die Inschriften der politischen Bezirke Amstetten und Scheibbs, Wiener Reihe, 3. Band, 1. Teil, Hrsg.: Österreichische Akademie der Wissenschaften, Graz, Wien, Köln: Hermann Böhlaus Nachf., 1966, S. 96-97
https://digi.hadw-bw.de/view/di010/0112/image,info
österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 325.24
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=2718761
österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/FHKA SUS Fam.A. BP-384
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=1888500
österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 325.25
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=2718762

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