Bernhard Peter, Gernot Ramsauer und Alex Hoffmann
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1388
Nürnberg (Mittelfranken)

St. Sebald in Nürnberg, Glasfenster (2)
Rundscheiben auf der Südseite ("Fenster sXII")

Die drei nachfolgend abgebildeten und besprochenen Wappenscheiben aus dem 16. Jh. befinden sich auf der Südseite von St. Sebald, im dritten Joch von Westen, also im Osten des südlichen Portales, welches sich im zweiten Joch unter dem Pömer-Fenster befindet.

Alle drei Wappenscheiben zeigen Allianzwappen und haben auf der Seite des Ehemannes ein Wappen der Familie Nützel: In Rot ein gestürztes silbernes Dreieck, an den Spitzen mit halben silbernen Lilien besteckt. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre auf einem Helm mit rot-silbernen Decken auf einem roten Kissen ein silberner Glevenstab (Stab mit einer oberhalben Lilie). Das Wappen wird im Siebmacher (Band: BayA1 Seite: 82 Tafel: 82) beschrieben. Das Dreieck kann gefenstert sein, muß aber nicht, das unterlag dem Zeitgeschmack. Es finden sich sowohl bloße Dreiecke als auch elegant geschwungene Formen wie hier, ein dreieckiges Loch in der Mitte bildend.

An dieser Stelle ein Exkurs zu den identischen Schildbildern der Nützel und der Stromer, beides Nürnberger Patrizierfamilien, beide mit identischem Schildbild und ähnlichen Helmkleinoden (die Stromer von Reichenbach führten auf einem Helm mit rot-silbernen Decken auf einem roten Kissen drei fächerförmig gestellte silberne Glevenstäbe, im Stromer-Fenster aber nur einen). Warum das so war, ob es dadurch entstand, daß beide Familien in Reichenbach Besitz hatten, oder ob eine echte Stammesverwandtschaft bestand, was die Stromer stets verneinten, ob Ansprüche durch Heirat entstanden waren oder ob es Zufall war, sei dahingestellt. Jedenfalls ergab sich daraus ein Wappenstreit in der Stadt, denn die Zeicheneindeutigkeit war nicht mehr gegeben, und keiner wollte tolerieren, daß die jeweils andere Familie sich mit dem eigenen Symbol schmückte. So kam die Sache nach ausgiebigem Streit vor den Rat, der ein salomonisches Urteil am 28. April 1380 fällte, eine Art Unentschieden: Beide, die Nützel wie die Stromer, durften das gestürzte, in Lilienstäbe auslaufende silberne Dreieck in rotem Feld führen. Es wurde jedoch festgestellt, daß den Stromern die Priorität einzuräumen sei, daß sie es also zuerst geführt hätten. Den Nützel wurde das Recht eingeräumt, das Motiv weiterhin zu nutzen. Damit war zwar ein Urteil gefällt, mit dem beide Parteien leben können sollten, aber dennoch war die Sache mit der Uneindeutigkeit und der fehlenden Signifikanz eines Identifizierungszeichens noch nicht vom Tisch. Erst als die Nützel ab 1548 ein vermehrtes Wappen führten, war hinreichende Unterscheidungsfähigkeit gegeben, und der Wappenstreit hörte auf. Die Stromer, die sich auf die ihnen eingeräumte Priorität stützen konnten, behielten das unveränderte Stammwappen, und die Familien waren wieder zufrieden. Die Nützel (Nützel von Sündersbühl) führten jetzt in Feld 1 und 4 in Silber einen schwarzen Adler, 2 und 3 in Rot ein gestürztes, in Lilienstäbe auslaufendes silbernes Dreieck, das Stammwappen. Das ursprüngliche Wappen kam also jetzt in den nachgeordneten Feldern zu liegen, obwohl es eigentlich in den Plätzen 1 und 4 zu liegen kommen müßte. Es kann nur spekuliert werden, daß damit auch seitens der Nützel der Wappenstreit entschärft werden sollte. Dadurch entstand die Legende, der Adler sei das ursprüngliche Wappen, was natürlich nicht zutrifft. Den Herrensitz zu Sündersbühl hatten die Nützel von den Staudigeln erheiratet. Adelsbestätigung und Wappenvermehrung durch Kaiser Karl V. erfolgte in Augsburg am 20.7.1548 für das ganze Geschlecht. Die Nützel erloschen am 10.5.1747 mit Johann Joachim Nützel. Ob jetzt ein Schild den Stromer oder den Nützel zuzuordnen ist, ist bei Wappenschilden ohne Oberwappen oft nicht eindeutig. Die Zuordnung hier stützt sich in diesen Fällen auf die Literatur.

Das Wappen der Ehefrau ist das der Rotenburger, einer Nürnberger Kaufmannsfamilie; das Wappen ist gespalten, rechts in Schwarz ein aufspringendes goldenes Einhorn, links in Schwarz ein goldener Schrägbalken. Das Wappen wird bei Schöler auf Tafel 109 abgebildet. Eine zu den Wappen passende Verbindung wäre die von Joachim I. Nützel (1532-1603) mit der 1567 geehelichten Magdalena Rotenburger.

Bei dieser Wappenscheibe, bei der wie im obigen Fall auch, die Schilde beider Ehepartner vor blauem, floral damaszierten Hintergrund durch zwei schwarze, miteinander verschlungene Schildriemen verbunden sind, ist heraldisch rechts wieder das Wappen Nützel, heraldisch links aber das Wappen Hübner, in Schwarz ein silberner, mit drei nach der Figur gelegten schwarzen Hufeisen belegter silberner Schrägbalken. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein schwarzer Flug, rechts mit einem schräglinken, links mit einem schrägrechten silbernen Schrägbalken mit den drei schwarzen Hufeisen belegt. Das Wappen wird im Siebmacher (Band: Bg1 Seite: 25 Tafel: 29 und Band: BayA1 Seite: 114 Tafel: 114) beschrieben, ferner bei Schöler auf Tafel 137. Ein Totenschild mit diesem Wappen befindet sich übrigens im Mainfränkischen Museum Würzburg.

Auch bei der dritten Wappenscheibe dieser Serie ist heraldisch rechts das Wappen Nützel (hier ein zentral nicht durchbrochenes Beispiel), heraldisch links aber das Wappen der Fürer (Fürer von Haimendorf), es ist gespalten, vorne in Rot eine halbe silberne Lilie, hinten in Silber ein halbes rotes Rad, jeweils am Spalt. Das Wappen wird im Siebmacher (Band: Bay Seite: 78 Tafel: 88, Band: Bö Seite: 223 Tafel: 97) beschrieben. Die Helmzier wird bei den Glasfenstern der Frauenkirche diskutiert, desgleichen die Wappenvermehrungen.

Position der beschriebenen drei Rundscheiben

Rundscheiben auf der Südseite ("Fenster sXIV")

Die sechs folgenden Wappenscheiben befinden sich ebenfalls auf der Südseite der Sebalduskirche, und zwar im westlichsten Fenster, im ersten Joch jenseits der Türme.

Zwei Wappenschilde beider Ehepartner werden hier unter der gemeinsam genutzten und mittig angeordneten Helmzier nur des Ehemannes vereinigt. Die Umschrift nennt nicht Personen, aber die Jahreszahl "Anno 1658" und die Worte "IMPLEAT OLLAM OLEO GRATEA MAGNA DEI", ein sich auf den Familiennamen beziehendes Wortspiel, denn der Ehemann entstammt der Familie Oelhafen (Oelhafen von Schöllenbach), die in Blau einen goldenen Löwen führen, der ein ebensolches Henkelgefäß (Ölgefäß!) trägt. Es ist eine wörtliche Umsetzung des Namens, denn ein Hafen ist nicht nur ein Anlegeplatz für Schiffe, sondern auch ein Ausdruck für ein Gefäß oder einen Tiegel, hier für ein Ölgefäß. Der Helm in der Mitte trägt das Oberwappen der Oelhafen, auf dem gekrönten Helm mit blau-goldenen Decken der goldene Löwe mit dem Henkelgefäß wachsend, hier mit verschlungenem doppelten Schwanz. Hier wurde ein gestalterischer Kompromiß eingegangen, denn die mittige Anordnung einer einzigen Helmzier bedingt eine frontale Stellung des Helmes, aber der Löwe kann nicht gut frontal gezeichnet werden, erstens sehen Tiere wie Löwen allgemein frontal unglücklich aus, zweitens wäre das entscheidende Element, der Öl-Hafen, nicht hinreichend aufgelöst. Also wurde die Helmzier gegenüber dem Helm um 90° verdreht, was auch nicht guter heraldischer Praxis entspricht, aber oft genug in vergangenen Jahrhunderten gemacht wurde. Die einzig sinnvolle Alternative wäre hier ein anderes Konzept mit zwei einander sich zuneigenden Wappenschilden und sich anblickenden Helmkleinoden, was wohl wegen des veränderten Platzbedarfes und der Vorgabe einer Kreisform nicht gewählt wurde. Die ursprüngliche Helmzier der Oelhafen war der Ölkessel zwischen einem Paar Büffelhörner, 1489 wurde das Wappen verbessert, und der den Kessel haltende Löwe kam auf den Helm (Siebmacher Band: Bay Seite: 100 Tafel: 121). 1501 und 1621 folgten weitere Wappenbesserungen, erst eine Vermehrung um Pfinzing, dann im Oberwappen.

Der Schild der Ehefrau zeigt das vermehrte Wappen der Holzschuher (Holzschuher von Harrlach), es ist geviert, Feld 1 und 2: Stammwappen, in Gold ein schwarzer Holzschuh mit silberner Einfassung, Feld 2 und 3: in Blau das Brustbild eines graubärtigen Sarazenen (sog. weißen Mohren), auf der Herzstelle das silberne, rot gerandete Kreuz des Christus-Ordens.

Die stilistisch und konzeptionell ähnliche zweite Wappenscheibe trägt die Datierung "ANNO SALUTIS MDCLVIII" - im Jahre des Heils 1658, das gleiche Jahr unterstreicht den konzeptionellen Zusammenhang mit der zuvor beschriebenen Wappenscheibe und die stilistische Einheit legt die Vermutung des gleichen Künstlers nahe. Beide Scheiben haben ganz außen den Lorbeerkranz-Rand mit ähnlichen Bünden, beide haben den dunkelgelben Schriftrand, die Schrift hat den selben Duktus, der Aufbau des Allianzwappens unter gemeinsamem mittigem Helm des Mannes ist gleich, und der Stil der Helmdecken und der Malweise auch. Nur die Personen sind andere, optisch links sehen wir das Wappen der Harsdörffer (Harsdörffer von Enderndorf), sie führen in Rot (hier sehr hell, fast orange) auf einem goldenen Dreiberg einen silbernen (hier ebenfalls eher ins Orange tendierenden und unzureichend kontrastierenden) Zinnenturm mit Fenstern und zwei Erkern, alles spitzbedacht. Auf dem mittigen Helm mit rot-silbernen Decken wird der Zinnenturm auf dem Dreiberg geführt. Das Wappen wird im Siebmacher (Band: Bay Seite: 39 Tafel: 36) beschrieben.

Optisch rechts sehen wir für die Ehefrau das Wappen der Familie Oelhafen (Oelhafen von Schöllenbach), die in Blau einen goldenen Löwen führen, der ein ebensolches Henkelgefäß (Ölgefäß!) trägt. Die Oelhafen sind als Nürnberger Familie insofern hervorzuheben, als eigentlich mit dem Erlaß des Tanzstatuts von 1521 der Kreis der ratsfähigen Familien abschließend festgeschrieben worden war, was das Nürnberger Patriziat als regierende und tonangebende Schicht gegen das restliche Bürgertum abschottete. Neuaufnahmen von Familien waren eigentlich nicht vorgesehen, nur dreimal kam es zu Ausnahme-Kooptierungen: 1536 die Schlüsselfelder, und dabei wurde dabei den Oelhafen und den Scheuerl die Gerichtsfähigkeit zuerkannt. Die nächste Kooptierung fand erst 1729 statt, diesmal wurden die Oelhafen kooptiert, dazu die Gugel, die Scheuerl, die Waldstromer, die Peßler und die Thill. Man brauchte einfach dringend Nachwuchs, um alle wichtigen Stellen besetzen zu können. Das System blieb wiederum fast 60 Jahre geschlossen, dann kamen 1788 die Praun, die Peller und die Woelckern hinzu. Die Oelhafen schafften den Weg in den Rat spät und in zwei Etappen, aber sie schafften es. Vermutlich gehört die Wappenscheibe zu Christoph Andreas I. Harsdörffer (1610-1686) und seiner Frau Maria Oelhafen.

Eine weitere Wappenscheibe ist seitenverkehrt in ein Fenster der Südseite eingelassen, hier ist das Photo gespiegelt. Das Kunstwerk ist auf 1632 datiert, und die Umschrift nennt "STEFFAN KÖTZLER". Das Rund wird beherrscht von einem prachtvollen Vollwappen der Familie Kötzler, schwarz-silbern geteilt, unten ein rotes, mit der Mündung nach rechts gekehrtes Jagdhorn (Hifthorn), die Teilung überkreuzend ein ausgerissener, goldener (ursprünglich grüner, später goldener) Lindenbaum mit drei Wurzeln und drei Ästen zu je drei Blättern. Der Baum wird verschieden angesprochen, im Siebmacher Band: BayA1 Seite: 78 Tafel: 78 wird beschrieben, daß die Blätter keine Ähnlichkeit mit Lindenblättern hätten, im Siebmacher Band: SchlA2 Seite: 65 Tafel: 42 wird von einer Kleestaude gesprochen, das von Kaiser Karl V. in Speyer für Dr. iur. utr. Valentin Kötzler und seinen Bruder Georg Kötzler ausgefertigte Diplom vom 27.3.1544 nennt es Linde. Eine Wappenbesserung war die Umwandlung der vorher grünen Linde in eine goldene und der Ersatz des Stechhelmes durch einen Bügelhelm. Auf dem schwarz-silbern bewulsteten Helm mit ebensolchen Decken das Schildbild (Hifthorn und Linde) vor einem schwarz-silbern geteilten Flug. Die Familie stammt aus Großlangheim. 1360 kam Eberhard Kötzler nach Nürnberg, 1506 wurden seine Nachfahren unter die "Ehrbaren" aufgenommen. Sie erbauten den Landsitz Steinbach bei Nürnberg. Die Familie erwarb den Spennhofer Zehnten, die Letscherschen Güter und erbaute ein Schloß in Mörlach. Dem gleichnamigen Vater des hier in der Scheibe genannten Stefan Kötzler gehörte seit 1599 das Waldstromer-Schloß in Reichelsdorf, und nach dem Tod des Vaters 1629 übernahm der Stifter dieser Wappenscheibe den Besitz, nur drei Jahre später brannten die kaiserlichen Truppen unter Wallenstein ihn nieder. Der Wiederaufbau war zögerlich, erst wurde 1636/37 ein Wohnhaus im nördlich vorgelagerten Wirtschaftshof erneuert, und als der Besitz 1653 an seinen Sohn Karl Kötzler, fürstlich Hohenlohe-Öhringenscher Rat, überging, war er immer noch Ruine. Die Kötzler erloschen in Nürnberg Ende des 17. Jh. mit dem am 4.10.1695 verstorbenen Wagamtmann Christoph Hieronymus Kötzler, Bruder des oben erwähnten und 1684 verstorbenen Karl Kötzler.

Beiderseits des beschriebenen Vollwappens sehen wir zwei einfache Beischilde, heraldisch rechts in Silber aus schwarzem Dreiberg hervorwachsend ein ebensolches gestieltes dreiblättriges Kleeblatt, das ist das Wappen Neidhart (auch Neidhardt, Siebmacher Band: NÖ1 Seite: 311 Tafel: 164, Band: OÖ Seite: 220 Tafel: 62, Band: SchlA3 Seite: 30 Tafel: 19). Die Familie stammt ursprünglich aus der Schweiz, kam dann nach Ulm, wo sie zu den Patrizierfamilien gehörte, und breitete sich schließlich in Österreich und Schlesien aus. In Österreich entstanden die Linien zu Spatenbrunn und zu Gneisenau. Die hier nicht abgebildete Helmzier wäre auf schwarz-silbern bewulstetem Helme mit ebensolchen Decken ein silberner Flügel mit dem Schildbild. Das ritterliche, vermehrte Wappen der Neidhard zu Spatenbrunn ist geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4 golden-silbern gespalten mit einem gekrönten, schwarzen Adler, Feld 2 und 3 in Rot ein silberner Sparren, in der Spitze belegt mit einer roten Rose, Herzschild: Stammwappen. Dazu zwei gekrönte Helme, Helm 1 (rechts): fünf Straußenfedern in den Farben golden-schwarz-silbern-schwarz-golden, Decken schwarz-golden. Helm 2 (links): ein roter Flug, belegt mit einem silbernen Sparren, in der Spitze belegt mit einer roten Rose, Decken rot-silbern. Zwischen den beiden Helmen sitzt vorwärts gekehrt auf dem Schildrand ein goldener Löwe, gekrönt und doppelschweifig, in jeder der ausgestreckten Vorderpranken pfahlweise eine wie der Herzschild bez. Fahne haltend. Das freiherrliche Wappen von 1673 hat den gleichen Schild, aber drei Helme, die beiden äußeren wie oben, in der Mitte ein zusätzlicher Helm mit rechts schwarz-goldenen und links rot-silbernen Decken, darauf der Löwe mit der Kaiserkrone gekrönt sitzend. Das gräfliche Wappen von 1705 und 1725 hat demgegenüber nur eine Änderung, die Feldfarbe von 1 ist Gold, die von 4 ist Silber. Ein weiteres gräfliches Wappen datiert von 1814, die Zusammensetzung ist anders.

Heraldisch links ist in Blau ein goldener, silbern geflügelter Engel mit silbernem Palmzweig in der Hand, an dessen Rücken eine rote Greifenkralle ansetzt. Dies ist das Wappen der Nürnberger Familie Besler, die laut Siebmacher IV, 31, ferner Band: BayA3 Seite: 162 Tafel: 112 und Band: BayA2 Seite: 13 Tafel: 8 in Blau auf grünem Dreiberg einen Engel in rotem (cave Farbregel! Vgl. Nobilitation 16.4.1608), "rosenfarbigem" oder silbernem Gewande führt, je nach Quelle zwei Stangen schräggekreuzt vor sich haltend oder mit beiden Händen einen Palmzweig haltend; aus dem linken Schildrand wächst ein bis zur Rückseite des Engels ausgestreckter roter Greifenfuß. Auf dem Helm mit blau-silbernen Decken auf grünem Kranz je nach Quelle ein blauer Flug, belegt mit dem Greifenfuß, bzw. zwei schräggekreuzte Stangen zwischen einem Flug. Dieses Wappen begegnet uns wieder in dem Werk "Hortus Eystettensis" und erinnert an die bedeutenden Mitglieder dieser Familie namens Hieronymus und Basilius Besler, ersterer Arzt, letzterer Botaniker; diese beiden Brüder wurden 1608 nobilitiert. In einer zeitgenössischen Farbdarstellung ist in Blau auf grünem Dreiberg ein kniender Engel mit rosafarbenem (unheraldische Farbe!) und mit silbernen Flügeln zu sehen, mit Palmzweig in den zusammengelegten Händen, der den Engel am Rücken erfassende, aus dem linken Schildrand kommende Greifenfuß ist rot. Auf dem Helm mit blau-silbernen Decken sind auf einem grünen Laubkranz (Lorbeerkranz?) zwei schräggekreuzte natürliche Stangen zwischen einem silbernen Flug zu sehen. Dieser Beschreibung folgt auch der Schild der Glasscheibe. Die Verbindung zwischen beiden Familien ist folgende: Stephan Kötzler hatte Rosina Besler geheiratet, die Tochter von Hieronymus Besler und Nichte von Basilius Besler.

Diese runde Wappenscheibe trägt die Umschrift "Christof Hieronymus Kreß von Kressenstein und Dorothea Rosina geborene Tetzlein 1655". Heraldisch rechts ist der gewendete Schild der Kreß, in Rot ein schräggestelltes, silbernes, goldengegrifftes Schwert. Heraldisch links ist das Wappenbild der Tetzel, in Rot eine aufspringende silberne Katze. Das Rot ist hier extrem dunkel. Es handelt sich um Christoph Hieronymus Kreß (1627-1696), Sohn von Johann Wilhelm I. Kreß. Er hatte 1654, also ein Jahr vor Stiftung dieser Scheibe, Dorothea Rosina Tetzel geheiratet.

Diese Scheibe besteht nur noch aus Fragmenten. Der heraldisch rechte Schild zeigt das gewendete Wappenbild der Dietherr von Anwanden, in Silber ein oberhalber roter Wolf (Schöler Tafel 89, S. 38, Siebmacher Band: BayA1 Seite: 67 Tafel: 67). Der heraldisch linke Schild zeigt das Wappenbild der Ketzel, in Blau auf einem goldenen Dreiberg sitzend eine silberne Meerkatze (Affe) mit goldenem, beringtem Leibgurt, eine goldene Kugel in der rechten Hand haltend (Schöler S. 64, Tafel 104, Siebmacher Band: BayA1 Seite: 78 Tafel: 78, Band: BayA2 Seite: 99 unter Kötzel). Das hier nicht abgebildete Oberwappen wäre auf dem Helm mit blau-silbernen Decken die genannte Meerkatze. Im Siebmacher wird das Motiv als "Katze" angesprochen, gegen diese Interpretation spricht die für Katzen untypische, für Affen aber typische Sitzhaltung, ferner der Leibgurt mit Ring, der auch eher zu einem Affen als zu einer Katze paßt. Vermutlich ist aus der Meerkatze einfach verstümmelt eine Katze geworden, und eine Meerkatze ist einfach ein Affe, ein damals seltsames Tier, das übers Meer kam und in seiner Geschmeidigkeit einer Katze ähnelte, also nannte man es Meerkatze. Die Familie Ketzel kam erst um 1430 nach Nürnberg. Die Kaufmannsfamilie stammt eigentlich aus Augsburg. Sie waren im internationalen Fernhandel tätig und besaßen eigene Faktoreien in Venedig, Leipzig und Augsburg. Gewürzhandel und Metallhandel (Montanbereich) bildeten den Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Aktivitäten.

Diese Scheibe ist für "Jacob Pömer Anno 1632" und zeigt das gewendete Vollwappen der Pömer (Pömer von Diepoltsdorf), der Schild ist schrägrechts geteilt (hier gewendet), oben von Rot und Silber dreimal schräggeteilt, unten schwarz. Im oberen Teil findet man auch die umgekehrte Reihenfolge. Das Wappen findet sich bei Schöler, Tafel 16, S. 82, dort ist das oberste Feld silbern, und im Siebmacher Band: BayA1 Seite: 53 Tafel: 50, dort ist das oberste Feld rot wie hier, es variiert auch in Nürnbergs Kirchen. Auf dem Helm mit rot-silbernen Decken der wachsende Rumpf einer Mohrin oder eines Mohren, mit einem silbernen Tuch um Kopf und Schultern und einer rot-silbernen Stirnbinde mit abfliegenden roten und silbernen Enden. Zwei Beischilde begleiten das Pömer-Wappen: Optisch links ist es der Wappenschild der Fürleger, in Blau zwei aufrechte, gegeneinander gebogene silberne Fische (Barben), welche in den Mäulern jeweils eine goldene Schnur halten, an der eine halbe gestürzte goldene Lilie hängt (Schöler S. 47, Tafel 58, Siebmacher Band: BayA1 Seite: 38 Tafel: 36, bessere Darstellungen dieses Wappens in Glasfenstern finden sich übrigens in der ehem. Deutschordenskirche (Jacobskirche). Die hier nicht abgebildete Helmzier wäre zu blau-goldenen Decken ein blauer Flug, beiderseits mit dem Schildbild belegt. Am 18.11.1625 erhielten übrigens Bartholomäus, Paul, Konrad und Johann Ignaz Fürleger den rittermäßigen Adelsstand und eine Wappenvermehrung, wobei aus der Lilie ein Kreuz wurde und in den Feldern 2 und 3 des nun vermehrten Wappens in Gold ein gestürztes schwarzes Adlerbein, in den goldenen Krallen ein rotes Herz emporhaltend. Dieses Motiv erscheint nun in der Helmzier zusätzlich zwischen dem angestammten Flug, auf dem aber auch die Lilie zum Kreuz geworden ist (Siebmacher Band: BayA2 Seite: 46 Tafel: 29). Hier führt die Ehefrau den angestammten väterlichen Schild ohne die Vermehrung. Der andere Beischild zeigt das Wappen der Harsdörffer (in Rot auf einem goldenen Dreiberg ein silberner Zinnenturm mit Tor und zwei Erkern, alles spitzbedacht). Mit dieser Wappenkombination kann die Scheibe namentlich zugeordnet werden: Wolf Jakob I. Pömer (1590-1655), Sohn von Jakob Pömer und Barbara Löffelholz, hatte in erster Ehe 1614 Helena Fürleger geheiratet und in zweiter Ehe 1632 Anna Maria Harsdörffer.

Position der sechs beschriebenen Rundscheiben

Literatur, Links und Quellen:
Veröffentlichung der Innenaufnahmen aus St. Sebald mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Pfarrer Dr. Axel Töllner und Herrn Pfarrer Gerhard Schorr vom 12.7.2010, wofür ihnen an dieser Stelle ganz herzlich gedankt sei.
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere der Band Bayern
Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken, Verlag Degener / Bauer Raspe, Neustadt an der Aisch, 3. Aufl. 1999, Nachdruck 2002, ISBN 3-87947-112-6

Peter Fleischmann, Rat und Patriziat in Nürnberg. Nürnberger Forschungen, Einzelarbeiten zur Nürnberger Geschichte, herausgegeben vom Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg. Bände 31/1, 31/2, 21/3 (Stammbäume) und 31/4. VDS Verlagsdruckerei Schmidt, Neustadt an der Aisch. ISBN 978-3-87191-333-4.
Hartmut Scholz, St. Sebald in Nürnberg, Meisterwerke der Glasmalerei, Band 3, Verlag Schnell Steiner GmbH Regensburg 2007, ISBN 978-3-7954-1846-5
Nürnberger Patriziat im Historischen Lexikon Bayerns: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_45240
St. Sebald:
http://www.sebalduskirche.de/
3D-Panorama St. Sebald:
http://www.sebalduskirche.de/fileadmin/Bildmaterial/Atuelles/Sebalduskirche_02c.mov
Baugeschichte St. Sebald:
http://www.sebalduskirche.de/index.php?id=17 - http://www.sebalduskirche.de/index.php?id=68 - http://www.sebalduskirche.de/index.php?id=69 - http://www.sebalduskirche.de/index.php?id=70 - http://www.sebalduskirche.de/index.php?id=71 - http://www.sebalduskirche.de/index.php?id=72 etc.
Virtueller Rundgang St. Sebald:
http://www.sebalduskirche.de/index.php?id=16
Reichelsdorf:
http://www.herrensitze.com/reichelsdorf.html
Wappen Besler:
http://www.garten-von-eichstaett.de/
Wappen und Genealogie Besler: Ein herzliches Dankeschön an Herrn Matthias Rühle für wertvolle Hinweise.
Verbindung Kötzler-Besler:
http://thesaurus.cerl.org/cgi-bin/record.pl?rid=cnp00629799 - http://thesaurus.cerl.org/record/cnp00629813

St. Sebald: Rundscheiben im Muffel-Fenster - St. Sebald: Rundscheiben in den südlichen Fenstern - St. Sebald: Eisvogel-Fürer-Fenster - St. Sebald: Kaiser-Fenster - St. Sebald: Bamberger Fenster - St. Sebald: Haller-Fenster im Chor - St. Sebald: Haller-Fenster im Langhaus - St. Sebald: Markgrafen-Fenster - St. Sebald: Holzschuher-Fenster - St. Sebald: Behaim-Fenster - St. Sebald: Behaim-Stammbaum - St. Sebald: Grabner-/Paumgärtner-Fenster - St. Sebald: Stromer-Fenster - St. Sebald: Volckamer-Fenster - St. Sebald: Konsol-Wappen - St. Sebald: Totenschilde - St. Sebald: Pömer-Fenster - St. Sebald: Wappenscheiben in der Südturmhalle - St. Sebald: einzelne Wappenscheiben - St. Sebald: Schürstab-Fenster - St. Sebald: Grundherr-Fenster - St. Sebald: Pfinzing-Fenster

Ortsregister - Namensregister
Zurück zur Übersicht Heraldik

Home

© Copyright / Urheberrecht Graphik und Photos: Bernhard Peter 2010
© Copyright / Urheberrecht Text: Bernhard Peter, Gernot Ramsauer, Alex Hoffmann 2010
Impressum